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Wie Intermediäre die Informationswelt verändern

Herausforderungen für die Sicherung der Meinungsvielfalt im digitalen Zeitalter

Immer mehr Menschen nutzen Suchmaschinen und soziale Netzwerke um sich zu informieren. Mehr Informationen zu erhalten bedeutet aber nicht automatisch, besser informiert zu sein. Im Gegenteil ist es dadurch oft schwieriger zu erkennen, welche Informationen relevant und verlässlich sind. Die Medienanstalten beschäftigen sich daher mit der Frage, wie Meinungsvielfalt in der digitalen Informationsgesellschaft sichergestellt werden kann.

Um den Umgang mit der Informationsflut zu erleichtern, werden Dienste benötigt, die Informationen ordnen und nach Relevanz sortieren. Die Google Suchmaschine ist der Dienst, der dazu weltweit am häufigsten benutzt wird. Google hält im weltweiten Suchmaschinenmarkt einen Anteil von 92,1 %.

Was sind Informationsintermediäre?

Weil Dienste wie Suchmaschinen und soziale Netzwerke zwischen der Fülle aller erreichbaren Informationen und den Internetnutzern vermitteln, werden sie Informationsintermediäre genannt. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Strukturierung gesellschaftlicher Kommunikation. Dies ist nicht nur wichtig für private Suchanfragen und Unterhaltungen auf sozialen Netzwerken, sondern auch für den Austausch über politische Fragen in der Öffentlichkeit: Von der Auswahl hängt z. B. ab, ob Nutzer Informationen überhaupt erhalten. Von der Reihenfolge der Informationen hängt z. B. ab, wie viele Menschen sie wahrnehmen.

Immer mehr Menschen nehmen zudem aktiv am öffentlichen Kommunikationsgeschehen teil. Über soziale Netzwerke wie Facebook werden private und öffentliche Informationen ausgetauscht. Facebook hält seine Nutzer dabei mit einem sogenannten Newsfeed darüber auf dem Laufenden, was andere Nutzer gerade interessiert und was sie veröffentlichen. Weltweit nutzen über zwei Milliarden Menschen Facebook, allein in Deutschland sind es 31 Millionen Nutzer – also wesentlich mehr als ein Drittel der gesamten Bevölkerung.

Was sind Algorithmen?

Sowohl für die Suchergebnisse auf Google als auch für den Newsfeed auf Facebook muss bei der Flut der Informationen immer eine Auswahl getroffen werden, welche Informationen der einzelnen Person gezeigt werden und in welcher Reihenfolge dies geschieht. Die Aufgabe dieser Selektion übernehmen Softwareprogramme, die die Informationsflut automatisch nach von den Betreibern der Dienste festgelegten Kriterien sortieren.

Der Google Suchalgorithmus basiert beispielsweise auf über 200 Faktoren, die die Reihenfolge beeinflussen und er wird fortlaufend verändert.

Warum brauchen wir eine Regulierung von Informationsintermediären?

Aufgrund des zunehmenden Einflusses von Informationsintermediären auf die öffentliche Meinungsbildung muss gewährleistet sein, dass die von Informationsintermediären dargestellten Informationen so unvoreingenommen wie möglich ausgewählt und präsentiert werden. Zudem soll die Vielfalt der journalistisch-redaktionellen Angebote erhalten und eine (gezielte) Einflussnahme auf die Meinungsbildung der Nutzer verhindert werden. Um Missbrauch zu verhindern, ist eine gezielte Regulierung der Informationsintermediäre erforderlich.

Wie könnte eine Regulierung ausgestaltet werden?

Nach jetzigem Stand sind aus Sicht der Medienanstalten zunächst vor allem drei Instrumente der Regulierung erforderlich:

  • Transparenzpflicht der Informationsintermediäre gegenüber ihren Nutzern
  • Verbot der Diskriminierung von Inhalten
  • Berichts- und Auskunftspflichten der Informationsintermediäre gegenüber den Landesmedienanstalten

1. Transparenzpflicht
Im Rahmen der Transparenzpflicht sollen die Informationsintermediäre verpflichtet werden, den Nutzern gegenüber die wesentlichen Kriterien für die Auswahl und Präsentation der ihnen angezeigten Inhalte offenzulegen. Hierdurch sollen die Nutzer in die Lage versetzt werden, nachzuvollziehen, wieso ihnen welche Inhalte angezeigt werden. Dies muss in leicht verständlicher Sprache passieren und darf nicht so versteckt werden, dass der Nutzer es nicht findet.

2. Verbot diskriminierenden Missbrauchs
Das Verbot diskriminierenden Missbrauchs soll verhindern, dass bestimmte im Internet verfügbare Inhalte vom Informationsintermediär gegenüber anderen Inhalten bevorzugt oder benachteiligt werden - es sei denn, sachliche Gründe rechtfertigen eine derartige Ungleichbehandlung. Eine Bevorzugung eigener Inhalte soll nicht gänzlich ausgeschlossen werden, müsste aber als Werbung gekennzeichnet sein. Beim Verbot diskriminierenden Missbrauchs stellen sich viele Fragen: Was wäre z. B., wenn bestimmte Inhalte gar nicht mehr angezeigt würden? Brauchen wir Regelungen zum Umgang mit politischer Werbung oder zur Auffindbarkeit von journalistischen Inhalten (public value)?

3. Berichts- und Auskunftspflicht
Schließlich soll eine Berichts- und Auskunftspflicht der Informationsintermediäre gegenüber den Landesmedienanstalten sicherstellen, dass sie sämtliche Informationen erhalten, die für die Durchsetzung der Transparenzpflicht und des Diskriminierungsverbots erforderlich sind.

Regulierung von Informationsintermediären als neues Aufgabenfeld der Medienanstalten

Eine wichtige Aufgabe der Landesmedienanstalten ist es, die Medienvielfalt in Deutschland zu sichern. Damit haben sie bereits jahrzehntelang Erfahrung. Die Landesmedienanstalten beobachten und regulieren private Rundfunkangebote und Telemedien mit journalistisch-redaktionellen Inhalten. Außerdem sind sie für die Regulierung von Plattformen zuständig. Dabei handelt es sich um Angebote, die – in der Rundfunkwelt – über die Auswahl und Bündelung von Inhalten entscheiden. Beispiele sind GIGA TV (Vodafone) oder EntertainTV (Telekom). Im Rahmen der Plattformregulierung stellen die Medienanstalten sicher, dass der Zugang von Rundfunkangeboten zu diesen Plattformen gesichert ist und diese diskriminierungsfrei verbreitet werden.

Informationsintermediäre übernehmen ähnliche Funktionen wie Plattformen  – wenngleich beide sich hinsichtlich der Auswahlmechanismen unterscheiden. Daher bilden die Grundsätze, die im Bereich der Plattformregulierung einschlägig sind, eine Grundlage, auf deren Basis sich eine effektive Intermediärsregulierung entwickeln lässt. Zudem verfügen die Medienanstalten dank ihrer Gremien über die notwendige Staatsferne.

Erste Erkenntnisse auf dem Weg zur praktischen Regulierung

Um zu überprüfen, ob Informationsintermediäre Inhalte diskriminieren, kann oft auf bekannte Mechanismen zurückgegriffen werden. Dabei spielt die Wissenschaft als Partner für den Erkenntnisgewinn eine wichtige Rolle. Erste wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass es nicht zwingend notwendig ist, Zugang zu Algorithmen oder zu anderen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu erhalten, da sogenannte Black Box Studien auf viele Fragen bereits wichtige Antworten liefern können. Um dies zu zeigen, haben einige Medienanstalten das Projekt #Datenspende gefördert.

Die #Datenspende-Studie hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit Suchergebnisse bei Google personalisiert werden. Es wurde festgestellt, dass die Personalisierung weniger stark ausgeprägt ist, als dies teilweise vermutet wurde. Noch wichtiger als das konkrete Ergebnis der Studie ist jedoch die Erkenntnis, dass sich über die Methodik der Studie aussagekräftige Ergebnisse gewinnen lassen, die für eine kontinuierliche Aufsicht genutzt werden können:

Erste Erkenntnis:
Über Browser Plug-ins lassen sich verwertbare Erkenntnisse sammeln. Dies gilt jedenfalls bei Suchmaschinen. Durch repräsentative Umfrage lassen sich weitere wichtige Erkenntnisse gewinnen.

Zweite Erkenntnis:
Die Studie hat einige Abweichungen festgestellt, die zu konkreten Rückfragen führen. Intermediäre sind derzeit aber nicht verpflichtet, diese zu beantworten, weshalb Auskunftsrechte dringend notwendig sind.

Dritte Erkenntnis:
Es gibt noch offene Fragen, beispielsweise wie die Auswahl bei YouTube erfolgt. Oder wie stark personalisiert die Ergebnisse des Newsfeeds von Facebook sind. Oder was auf Smart Devices passiert. Da es sich dabei um geschlossene Systeme handelt, kann dies nicht ohne weiteres mit Black Box Studien überprüft werden.

Hier zeigt sich ein generelles Problem: Solange Unternehmen wie Google und Facebook nicht verpflichtet sind, der Regulierung aussagekräftige Informationen zu den Funktionsweisen ihrer Dienste zu liefern (nicht zu ihren Geschäftsgeheimnissen!) und der Wissenschaft einen Forschungszugang zu ermöglichen, stoßen Aufsichtsbehörden an ihre Grenzen. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, der neue Regelungen finden muss, um zur Sicherung der Medienvielfalt in Deutschland die Durchsetzbarkeit der Transparenzpflicht und die Verhinderung diskriminierenden Missbrauchs zu ermöglichen.

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